Wirtschaftsverbände unterstützen wirtschaftsfeindliche Politik
111. Oktober 2011 von Schlemihl
Mit fragwürdigen Wahlempfehlungen und protektionistischer und antiliberaler Politik sorgen die Schweizer Wirtschaftsverbände für Unverständnis. So unterstützen sie Kandidaten, die durch ihre Ablehnung der Personenfreizügigkeit die erfolgreichen Bilateralen Verträge gefährden und auch sonst eine wenig wirtschaftsfreundliche Politik betreiben. Das Beispiel des Kantons Bern zeigt wie widersprüchlich die Wirtschaftsverbände argumentieren.
Im Kanton Bern unterstützen die sechs grossen Wirtschaftsverbände (Berner KMU, Handels- und Industrieverein HIV, Arbeitgeberverband, Hauseigentümerverband, Gastrobern und Lobag) bei den Ständeratswahlen die Kandidaten von BDP (Werner Luginbühl) und SVP (Adrian Amstutz), nicht aber Christian Wasserfallen, den Kandidaten der FDP. Insbesondere die Unterstützung für Amstutz, einen der massivsten Gegner der Personenfreizügigkeit, sorgt für Kopfschütteln.
Berner KMU: Eigenes Rating nicht beachtet
Der Dachverband der kleinen und mittleren Unternehmen im Kanton Bern hat eigens ein (allerdings sehr fragwürdiges) Rating aufgestellt, das zeigen soll, wie KMU-freundlich die Nationalratskandidaten sind. Bei diesem Rating schneidet FDP-National- und Ständeratskandidat Wasserfallen klar besser (Rang 13) ab als Adrian Amstutz (Rang 22 von 61), der ebenfalls für National- und Ständerat kandidiert. Trotzdem unterstützt Berner KMU Amstutz und nicht Wasserfallen.
An erster Stelle des Ratings von Berner KMU steht Andreas Blank, Notar und Verwaltungsrat bei den Zuckerfabriken Aarberg/Frauenfeld. Jetzt müsste man meinen, dass jemand der an der Spitze eines solchen Ratings steht ein wirtschaftsliberale, auf Eigenverantwortung basierende Poltitik betreibt und sicherlich keine planwirtschaftlichen Eingriffe beführwortet. Wer sich dann aber das smartvote-Profil von Blank anschaut, wird eines Besseren belehrt. Blank setzt insbesonder im Gesundheitswesen alles andere als auf Eigenverantwortung. Er spricht sich für die radikale 0,2%-Initiative von ECOPOP aus, die fatale Folgen für die Schweizer Wirtschaft hätte und er unterstützt die Wiedereinführung von Planwirtschaft beim Milchmarkt.
HIV: Unterstützung von Verbands- und Parteifunktionären von SVP und FDP
Nicht weniger widersprüchlich ist die Vorgehensweise des Handels- und Industrievereins (HIV), der Berner Handelskammer. Sie verweist auf ihrer Homepage richtigerweise auf eine Studie, die belegt, dass die SVP-Initiative „Gegen Masseneinwanderung“ nicht mit den Bilateralen Verträgen vereinbar sei, diese gefährde und der Schweizer Wirtschaft damit enormen Schaden zufügen könnte. Trotzdem unterstützt der HIV Ständeratskandidat Amstutz und zahlreiche SVP- und EDU-Nationalratskandidaten, die ebenfalls das erfolgreiche Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU bekämpfen.
Weiter könnte man meinen, dass eine Handelskammer vor allem erfolgreiche Unternehmer unterstützt. Zwar sind unter den Kandidaten, die der HIV unterstützt auch ein paar erfolgreiche Unternehmer dabei. So beispielsweise Kurt Schär, den Geschäftsführer von FLYER, der für die Grünliberalen kandidiert. Ein Grossteil der empfohlenen Kandidaten hat aber mit Wirtschaft und Unternehmertum wenig am Hut. So z.B. SVP-Kandidat Lars Guggisberg, gelernter Jurist und Staatsbeamter, der wohl einzig und allein als Parteifunktionär auf diese Liste gelangt ist. Oder Albert Rösti, Verbandsfunktionär bei den Schweizer Milchproduzentenverband, ist ein weiteres Beispiel. Das gleiche gilt für den Bankangestellten Thomas Fuchs oder den Lastwagenchauffeur Erich Hess. Auch sie sind keine Unternehmer.
Protektionistische Politik der Wirtschaftsverbände
Bei Ökonomen sorgte vor Kurzem die Forderung der Wirtschaftsverbände, Schweizer Unternehmen müssten bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen bevorteilt werden, für Kopfschütteln. Ein typisches Beispiel für die protektionistische und antiliberale Politik der Wirtschaftsverbände, die zuwenig langfristig und nachhaltig ausgerichtet ist und zuwenig das Interesse der gesamten Volkswirtschaft im Auge hat. Eine solche Bevorzugung würde zwar kurzfristig einzelnen Unternehmen oder einzelnen Branchen nützen, langfristig aber der Schweizer Volkswirtschaft schaden, z.B. weil Steuererhöhungen eine logische Konsequenz dieser Massnahme wären.
Ein typisches Beispiel für die protektionistische und antiliberale Politik der Wirtschaftsverbände, die zuwenig langfristig und nachhaltig ausgerichtet ist und zuwenig das Interesse der gesamten Volkswirtschaft im Auge hat.
Weiter ist es äusserst bedenklich, dass die Wirtschaftsverbände eines Landes, das derart stark vom internationalen Handel (vor allem Europa) abhängig ist wie die Schweiz, eine derart protektionistische und europakritische Poltik betreibt.
Weiter ist es äusserst bedenklich, dass die Wirtschaftsverbände eines Landes, das derart stark vom internationalen Handel (vor allem Europa) abhängig ist wie die Schweiz, eine derart protektionistische und europakritische Poltik betreibt. Dies ist mit ein Grund weshalb das Wirtschaftswachstum in der Schweiz in den letzten 18 Jahren derart viel tiefer war als in der EU.
Gute Analyse!